Intersexuellen-Demonstration
Menschen, die keinem der beiden Geschlechter zugeordnet werden können, nennt man Intersexuelle. Bislang wurden diese Menschen als Baby operativ korrigiert, um ein geschlechtstypisches Aussehen herzustellen. Dagegen demonstrierten Betroffene in Zürich.
Tagesschausprecher: Sie sind weder Mann noch Frau, sie sind sowohl Mann als Frau. Die sogenannten Intersexuellen. Schätzungsweise 2 bis 3 % der Weltbevölkerung ist keinem der beiden Geschlechter zuzuordnen. Oft werden diese Menschen bereits als Baby, also ohne ihre Einwilligung, operativ korrigiert, um ein geschlechtstypisches Aussehen herzustellen. Viele werden dabei gleichzeitig auch kastriert. Gegen dieses Vorgehen demonstrierten heute Betroffene vor dem Zürcher Kinderspital.
Kommentar: Daniela Truffer ist intersexuell geboren. Genetisch ein Mann, aufgrund der äusseren Geschlechtsorgane nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen. Noch bevor sie zweijährig war, wurde sie kastriert und zu einem Mädchen operiert.
Daniela Truffer: Dann hat man die Eltern angewiesen, mit niemanden darüber zu reden und auch mich, mit niemandem darüber zu reden und niemandem zu sagen, dass ich nicht wirklich eine Frau bin und so, weil das sei dann das soziale Aus.
Kommentar: Rund und ein Dutzend Betroffene und Angehörige treten mit ihr an die Öffentlichkeit. Sie wollen das gesellschaftliche Tabu brechen. Mit einem offenen Brief an das Spital machen sie auf ihre anliegen aufmerksam.
Daniela Truffer: Wir haben Forderungen an die Ärzte und zwar, ähm, dass sie unsere Selbstbestimmungsrecht achten, dass sie nicht an uns rum- herumoperieren ohne unsere Einwilligung. Und wir haben Forderungen an die Politik, dass sie ähm auch Gesetze schafft, die uns schützt vor solchen Eingriffen und auch ähm gesetzlich ein Zwischengeschlecht quasi etabliert.
Kommentar: Intersexualität ist vor allem auch ein gesellschaftliches und für die Betroffenen ein psychisches Problem. Dem will das Kinderspital auch Rechnung tragen.
Daniel Weber: Wir möchten mit Betroffenen, mit Eltern, mit Patientenorganisationen Kontakt pflegen, weil wir von ihnen lernen können. Sie haben als Betroffene das Leid einer Fehlbildung durchlebt und sie haben oft auch ein grosses Fachwissen in diesem Bereich. Wenn wir in dem Gespräch mit diesen Leuten lernen können, so können wir dieses Wissen an unsere Patienten, die wir heute behandeln, weiter geben.
Kommentar: Denn auch heute ist eines von 2000 Neugeborenen geschlechtlich nicht zuzuordnen. Eine Tatsache, die sie ihr Leben lang begleitet.
nella: ich habe eine fantasie von mir als intaktem zwitter: eher weiblich aussehend, aber irgendwie kerlig, grösser, mehr muskeln, vielleicht eine aussenseiterin, vielleicht gehänselt als kind, eine biographie, die mich abseits der gesellschaft positioniert, vielleicht würde ich eher auf frauen stehen oder mich aufgrund meiner körperlichen besonderheit (keine vagina) eher in die richtung orientieren (man ist ja anpassungsfähig). vielleicht wäre ich einsam, vielleicht auch nicht. aber ich wäre nicht mein leben lang von hormonen abhängig, ich hätte keine immer wieder kehrenden 'komischen empfindungen' (phantomschmerzen) zwischen den beinen, die ich schon als kind immer empfand, wo ich mich jeweils irgendwo weinend verkriechen musste, einmal rannte ich aus der schule nach hause deswegen, die heute oft im zusammenhang mit einer 'blasenentzündung' auftreten. meine freundinnen beschreiben ihre blasenentzündungen ganz anders. bei mir ist irgendwie noch die 'klitoris' beteiligt. eine "körpererinnerung".
auf diese sch... hätte ich liebend gerne verzichtet! und wenn schon hätte ich lieber selber gewählt, auch wenn es vielleicht eine wahl zwischen zwei übeln gewesen wäre.
und: einsam, eine aussenseiterin, abseits der gesellschaft: so fühle ich mich auch obwohl ich oder eben weil ich kastriert und genitaloperiert wurde (und deshalb unauffällig bin auf der strasse).
ich kenne zwitter, die als frau leben und sich in der rolle wohl fühlen, ihren mikropenis (obwohl durch testosteronmangel geschrumpft) aber noch haben und wohl mehr lust empfinden als genitaloperierte zwitter.
es geht nicht um die frage, ob ich mich in der rolle als frau wohl fühle. ich habe nicht das bedürfnis, mich nachträglich in richtung mann operieren zu lassen. ich fühle mich schlicht und einfach nicht wohl in der rolle des angelogenen, verarschten, erniedrigten, gegen seinen willen kastrierten und genitaloperierten menschen, der hormone fressen muss und zwischen den beinen nicht nur gute gefühle hat. --> mehr
OFFENER BRIEF: Geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen ohne medizinische Indikation, wie sie offensichtlich auch im Kinderspital immer noch regelmässig an Kleinkindern durchgeführt werden, sind auch in der medizinischen Lehre alles andere als unumstritten. Nach wie vor gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, dass sie auf lange Sicht wirksam und sicher sind. Hingegen gibt es viele Indizien, welche ihre Wirksamkeit in Frage stellen.
Weder ist gesichert, dass Genitalkorrekturen langfristig zu besseren psychosozialen Resultaten führen, als wenn sie unterlassen werden. Noch kann garantiert werden, dass ein Kind sich entsprechend der ihm zugewiesene Geschlechtsidentität entwickelt. Im Gegenteil:
"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch. [...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden, z.T. unzufrieden." (5)
„Auch aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene soziale Geschlecht zu wechseln.“ (6)
Auch aus ethischen und juristischen Gründen sind prophylaktische Gonadektomien und geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen an Kindern ohne deren informierte Zustimmung strikt abzulehnen. --> mehr
1 comment:
Ich kann an dieser Stelle nur meinen Respekt für Eure Öffentlichkeitsarbeit bekunden und wünsche Euch die Kraft und Gesundheit, dass möglichst lange durchzustehen
und noch mehr, das die Notwendigkeit dieser Arbeit endlich entfällt, dass endlich Menschenrechte respektiert werden.
Viele Grüße
Sabrina
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